Erste Ausfahrt. Auf nach Halong!
Heute wird ein spannender Tag werden. Die erste grosse Ausfahrt mit dem Moped. 160 Kilometer, eigentlich garnicht so viel. Jedoch, wird das Moped halten, wer weiss? Wie werde ich es aushalten die ganzen Stunden auf dem Sattel zu sitzen? Immerhin bin ich noch nie länger als 10 oder 15 Minuten am Stück mit dem Ding gefahren. Überhaupt, ich habe ja nicht mal einen Führerschein, geschweige denn richtige Fahrpraxis. Ach so schlimm wirds schon nicht werden, die Leute hier schaffen es ja auch ohne Fahrschule. Den Rucksack hinten aufs Bike gewuchtet, schön verzurren, damit er auch dortbleibt und ab auf die Strasse damit. Obwohl der Rucksack kein wirkliches Zusatzgewicht darstellen sollte, tut er es und das Moped fährt sich gleich noch etwas schwammiger. Mitschwimmen heisst die erste Disziplin. Es ist vormittags um neun und der Hanoier Verkehr ist noch einmal etwas dichter. Staus durch Motoroller, in Deutschland in dieser Form nicht vorstellbar. Drängeln, hupen, schieben und noch mal hupen. Neben dem Motor das wohl wichtigste Bauteil an einem Moped, die Hupe. Die ersten Kilometer sind geschafft und die Stadtgrenze nähert sich. Jetzt nur noch auf die verstopfte Schnellstrasse, dann durch den verstopften Kreisverkehr und anschliessen in einer riesigen Kolonne über eine Brücke raus aus der Stadt. Jedes Motorradtreffen schaut albern aus im Vergleich zu den Motorradmassen, die sich hier jeden Tag zu gefühlt jeder Minute über die Straßen schieben.
Hanoi liegt hinter mir. Der Verkehr teilt sich allmählich auf und es wird weniger eng auf den Strassen. Allerdings ist dies nur eine Erholung auf Zeit. Schnell werden die Straßen so schlecht, dass der normale Verkehr ins Stocken gerät und sich fortan wieder alles Staut. Mit dem Unterschied, dass es nun nicht nur der Smog ist, der wie in Hanoi das Atmen erschwert, nun ist es vorallem auch Staub, der die Luft truebt. Wenn dann noch ein LKW vor einem fährt, purzelt die Lebenserwartung fröhlich vor sich hin. Feinstaub ist hier ein Bergriff der Zukunft. Die Abgase hier kann man nicht nur riechen, man kann sie vorallem sehen.
So ziehen sich meine Kilometer im Staub und Russ. Das Moped macht hierbei auf den ersten Blick eine gute Figur. Warmgefahren scheppert der Motor zwar ziemlich, aber er läuft. Laut GPS beträgt die Maximalgeschwindigkeit etwas ueber 60 km/h. Nicht viel, vorallem wenn man eh schon aus reinem Selbstschutz die Geschwindigkeit auf kontrollierbare 50 km/h drosselt.
Mitlerweile ist die Mittagszeit schon durch und ich gucke schon seit längerem nach einem gemütlichen Imbiss. Möglichkeiten gibt es eigentlich in Hülle und Fülle. Noch nirgendwo sonst ist mir eine so grosse Dichte an Imbissen oder kleinen Lokalen begegnet wie hier in Asien. Die meisten der Imbisse an dieser Straße haben jedoch das selbe Problem wie ich auf meinem Moped, wir stehen alle volkommen in Staub - und Russwolken und speziell in den Orten riecht es dann auch noch häufig stark nach Müll. Nicht sonderlich appetietlich. Letzendlich finde ich aber meine kleine Gaststätte am Wegesrand. Sie ist gut besucht, was in der Regel ein gutes Zeichen ist. Ich bestelle wieder etwas was ich nicht lesen und aussprechen kann und bekomme wieder etwas, was ich nicht deuten kann. Aber es schmeckt hervorragend. An den Preisen merke ich auch, dass es wohl nicht so häufig vorkommt, dass Touristen hier zum Essen einkehren. Es war wieder sehr günstig. Als ich mich wieder zum Moped bewege und den Rucksack vergurte, winken mir ein Paar betrunkene Gäste zu und deuten an, dass ich mit ihnen Schnaps trinken soll. Wohl bemerkt, es ist früher Nachmittag. Ich überlege kurz und lehne dann aber ab. Es sind immernoch 70 Kilometer zu fahren, auf schlechten Straßen unter schlechten Bedingungen, da brauche ich alle Sinne. Ein bischen ärgere ich mich im Nachhinein dann aber doch.
Weiter gehts. Bisher lässt die faszinierende vietenamesische Landschaft, mit all ihren großartigen Kulissen noch auf sich warten. Links und rechts befinden sich Felder. Häufig brennen kleine Feuer auf ihnen. Zur Brandrordung sind diese auf jeden Fall zu klein. Es scheint mehr, als würde überflüssiges vom Acker verbrand werden. Ich bin froh, dass ich in den Feuern kein Kunststoff entdecken kann, denn auch diese Rauschwaden tragen ihren Beitrag zum Luftfondue bei, welches sich durch meine Lungen quält. Ganz ehrlich, diese Atemmmasken, die bei Asiaten ins Mark und Blut übergegangen sind und bei uns einfach nur albern wirken, wenn man mitten in den Alpen chinesische Touristen antrifft mit Masken vor Nase und Mund, diese sind hier mehr als angebracht und ich wünsche mir grad eine davon.
Einige Kilometer weiter zieht sich der bis eben noch strahlend blaue Himmel schlagartig zu. Ich verlasse grad wieder eine kleine Ortschaft als der Regen einsetzt. Vor mir liegt wieder viel nichts, soweit das Auge reicht und ich beschließe kurzerhand umzudrehen und mir noch schnell einen Unterstand zu suchen. Einige hundert Meter weiter und schon reichlich durchnässt, finde ich zum Glück ein kleines Vordach. Schnell gesellen sich auch weitere Leute zu mir und so stehen wir dort, beobachten wie der Regen gefühlte Wassereimer an Tropfen über uns ausschüttet und bemitleiden die an uns vorbeifahrenden, die es nicht unter ein Dach geschafft haben. Also ich tue das, die anderen scheint das weniger zu rühren. So schnell der Regen kam, so schnell war er dann auch wieder vorbei. Das gute ist, die Luft ist nun für einen kurzen Moment etwas erträglicher. Das schlechte ist, die Straße ist nun rutschig und die Schlaglöcher sind gefüllt mit Wasser, wodurch dären tiefe nicht mehr ganz einsehbar ist. Also am besten alle Löcher meiden, soweit es möglich ist.
Nun endlich ändert sich die Landschaft. Am horizont tauchen kleine Berge auf. Eigentlich sehen diese schon aus, wie die in der Bucht selbst, es ist aber definitiv noch zu früh für das Meer. Die Vorfreude und die Erwartungen steigen. Um so näher ich den Bergen komme um so mehr spürrt man auch den sich ankündigenden Tourismus. Die Straßen werden besser, die Orte größer und sauberer und spätestens, als ich eine Mautstation passiere weiß ich, vor mir liegt der Tourismus. Halong kündigt sich nicht leise und bescheiden wie ein kleines Fischerdörfchen an. Halong ist groß und laut und überall leuchtet und blinkt es. Schon von der Ferne kann man das in Neonlicht gefärbte Riesenrad erkennen. Davor eine große mehrsprurige Brücke. Alles leuchtet in wilden Farben. Im Internet habe ich glücklicher Weise ein Homestay vorgebucht. Das Haus befindet sich an der Stadtgrenze zu Halong. Ich brauche eine weile um es zu finden. Straßen und Hausnummern müssen in Vietnam nicht unbedingt sinnhaft angeordnet sein, das habe ich in Hanoi schon gelernt. Auch hier ist es wieder so. Die Hausnummer die ich suche wäre theoretische die Nächste in dieser Straße. Nur ist hier leider Schluss und kein Haus mehr sichtbar. Finden tue ich das Haus schließlich am anderen Ende der Straße, dort wo sonst die Häuser mit Nummern 30 Zahlen kleiner stehen. Egal, gefunden. Das Grundstück ist wunderschön. Auf der Wiese liegen zwei Typen und ein Mädel, alle drei kommen aus England. Sie sind nun schon die zweite Woche hier und wollen nicht wirklich gehen. Es gefällt ihnen hier zu gut auf dem Grundstück. Die Gastherrin kommt raus und begrüßt mich. Ihr Englisch ist erstaunlich gut. Das Beste das ich bisher in Vietnam gehört habe. Le, so heißt die Gastherrin, zeigt mir ihr Haus. Es ist wunderschön. Es gibt viel Kunst an den Wänden und pratisch alle Möbel sehen selbstgebaut aus. Wir kommen in Gespräch und sie zeigt mir einige Bilder aus der Umgebung und gibt mir Tips, was sehenswert ist und was eher zu überlaufen ist.
Ich Lade mein Zeug ab und mache mich wieder los. Le hat mir den Weg zu einem Berg beschrieben von dem man einen hervorragenden Blick auf die Bucht hat. Da die Sonne bereits am Untergehen ist, bleibt nicht mehr viel Zeit.
Ich fahre weiter Richtung Stadt. Nach mehreren Kreisverkehren und Unterführungen gelangen ich dann endlich auf die Brücke. In Momenten wie diesem schätze ich das Navi immer sehr. Hinter der Brücke gehts dann gleich wieder runter von der Hauptstraße. Entlang einer Bergstraße gelange ich nun nach Halong hinein. Links und rechts Kaffees und Geschäfte. Alles nicht für den kleinen Geldbeutel. In einer Seitenstraße dann ein großer Häuserblock mit vielen Geschäften im Erdgeschoss. Hier soll nun also der Aufgang zum Berg sein. Ohne Hilfe eines Ortskundigen wäre das für keinen Touristen ersichtlich, oder gar vorstellbar. Ich parke das Moped und schnell kommt eine Frau aus ihren Laden auf mich zu und zeigt mir Parktickets, die ich bei ihr kaufen soll. Der Ort scheint vielleicht doch besser besucht zu ein als ich denke. Ich gebe ihr das wenige Geld für das Ticket und begebe mich in den Durchgang des Hauses. Tatsache, der Innenhof zeigt hier ein unerwartetes Gesicht. Hier stehe ich nun vor einem kleinen Bergsockel und einem kleinen Haus, dass noch aus einer Zeit stammen muss, als Halong noch ein verträumtes kleines Städtchen war. Ich beginne mit dem Aufstieg, die Zeit rennt. Auf dem Weg passiere ich einige Touristen, die darüber jammern, dass der felsige Weg nicht für Flip-Flops geeignet sei. Ich lache innerlich und schreite weiter. Der Aufstiegt wird rauer und teilweise muss man schon etwas klettern, aber es macht großen Spaß nach dem Tag auf dem Moped nun etwas Bewegung zu bekommen. Auf dem Gipfel angekommen bin ich etwartungsgemäß nicht alleine. Der Ausblick ist jedoch Atemberaubend. Ich bahne mir einen Weg durch die Menschen und klettere auf das Dach eines kleinen Servicehäuschens. Hier habe ich meine Ruhe und kann in Ruhe fotografieren. Vor mir breitet sich die Bucht aus. Die Sonne liegt tief und färbt die Berge mit einem goldenen Licht. Einzelne Schiffe ziehen ihre Spuren durch das Wasser und ich freue mich hier angekommen zu sein. Knips.