Muang Ngoi
Das Boot legt ab. Die Rucksäcke wurden alle in den vorderen Teil gestapelt, weil im Sitzplatzbereich kein Raum dafür ist. Wer schnell war konnte sich noch einen der vorderen Sitze sichern, die alle ausrangierte Autositze waren. Wer das nicht geschafft hat, so wie ich, saß weiter hinten im Boot auf Holzbretterbänken. Mit dem Anlehnen musste man vorsichtig sein. Die Seitenwände des Bootes waren nur hinreichend dicht und es lief überall Wasser durch die Bretterritzen. So lange der Motor, der wahrscheinlich aus demselben Auto wie die Sitze stammt, mehr Wasser rauspumpt, als reinfließt, ist die Welt in Ordnung. Der Nam Ou schlängelt sich vorbei an kleinen Weideflächen und viel Dschungel. Ab und an sieht man Rinder am Wasser stehen, oder sie liegen einfach nur im Schatten und dösen. Die Fischerboote der Leute sehen alle aus wie Eigenbau. Ein Boot stach besonders heraus. Ich hatte ein solches schon in einem Buch im Uxo Informationszentrum in Phonsavan gesehen. Der Bootsrumpf war ein umfunktionierter externer Treibstofftank eines amerikanischen Kampfflugzeuges. Während der Fahrt bin ich dann mit Joelle ins Gespräch gekommen. Joelle kommt aus der Schweiz und war dort als Fotografin tätig, hatte dann aber irgendwann keinen Bock mehr auf Arbeiten und reist nun schon seit einigen Monaten durch Südostasien. Etwa eine Stunde nach Abfahrt sehen wir Muang Ngoi am Ufer näherkommend. Das erste was auffällt sich die vielen Bungalows mit Blick auf den Fluss. Alles sieht sehr viel professioneller aus als ich es erwartet habe. Joelle und ich beschließen gemeinsam einen Bungalow zu mieten. Wer weiß wie teuer die sind und ohne Einkommen ist es verdammt verlockend, wenn man von etwas nur die Hälfte zahlen muss. Außerdem ist Joelle ziemlich nett und bis auf Sarah, die ziemlich anstrengend sein konnte, kannte ich eh noch keinen anderen Menschen. Die Bungalows am Wasser waren erwartungsgemäß recht schnell vergriffen. In der Nähe von den Bootsstegen haben wir dann einen Bungalow mit Blick in einen Garten gefunden. Der Bungalow war wirklich hübsch, alles aus Holz, schön rustikal, aber eben auch nicht schäbig. Wir laden die Sachen ab und gehen in die Stadt was essen. Eines der ersten Restaurants wirbt mit Kürbiscurry. Wir überlegen nicht lange und bestellen. Bis das Essen kommt vergeht allerdings unglaublich viel Zeit. Da wir beide vorher schon knapp vor dem verhungern waren, wird die Warterei zur Qual. Ich muss an meinen Papa denken, der ein großer Fan solcher Situationen ist und meine Laune hebt sich wieder. Joelle vergewissert sich, ob wir nicht einfach vergessen wurden und geht zur Küche fragen. Die Küche ist ein kleiner Nebenraum im Bretterhaus, in dem ein Feuerofen steht. Die Betreiberin ist gleichzeitig auch die einzige Köchin und ihre Kinder helfen ihr beim Aufnehmen der Bestellungen. Sie kocht jedes Essen frisch und rotiert wie ein Wiesel durch ihre Küche. Von ihrem Fleiß beeindruckt warten wir noch einige Minuten, hungrig, aber nicht mehr fordernd auf unser Essen. Das Curry war ausgezeichnet. Allgemein kann ich mich nicht entsinnen in Laos etwas gegessen zu haben, was nicht sehr lecker war, aber das Curry war wirklich außerordentlich gut. Nach dem Essen schlendern wir weiter durch das Dorf. Einmal die Straße hoch und dann wieder hinunter. Ich bin mir uneinig, wie lange ich in Muang Ngoi bleiben werde, weil man eigentlich innerhalb Minuten das Dorf ablaufen und alles sehen kann. Auch wenn Muang Ngoi wirklich sehr klein ist, besitzt es an beiden Enden jeweils einen kleinen Tempel. Wir suchen die erste Tempelanlage, gehe allerdings nicht hinein, weil Joelle und ich jeweils in recht kurzen Hosen unterwegs sind. Man will sich ja auch erstmal nur einen Überblick verschaffen. Abends gehen wir noch in eine Bar und verbringen anschließend noch einige Stunden auf unserer Terrasse. Eine Katze leistet uns Gesellschaft und sieht aus wie eine kleinere Version meines Katers zuhause. Ich mag sie sofort. Die Stunden verstreichen, die Katze schläft mal auf ihrem, mal auf meinem Schoß und irgendwann heißt es pennen gehen. In der Nacht bekommen wir noch einen kurzen Besuch einer Maus, die sich in Joelles Rucksack über die Oreo Kekse hermachte. Ich fange sie und schmeiße sie raus. Wenn ich durch meinen eigenen Kater etwas lernen konnte, dann ist es Mäuse fangen.
Am nächsten Tag checken wir aus dem Bungalow aus und suchen uns einen neuen Bungalow am Fluss. Alles möglichst noch bevor die ersten Boote mit neuen Touristen ankommen. Am anderen Ende der Dorfstraße werden wir schnell fündig. Der Bungalow an sich ist zwar nicht wirklich schöner als der vorherige, aber der Ausblick ist super. Außerdem gibt es bei diesem auch Hängematten. Ein sehr wichtiges Kriterium für einen guten Bungalow. Wir fragen nach dem Preis und ob wir gleich bezahlen sollen. Bezahlen müssen wir erst beim Auschecken. Die Betreiberin kennt scheinbar Touristen wie uns sehr gut und weiß, die bleiben eh länger als geplant. Also weshalb sich vorher festlegen?! Der Bungalow kostet uns umgerechnet 5€ am Tag. Zusammen! Ich fange an Muang Ngoi immer mehr zu mögen. Die Betreiberin spricht erstaunlich gut Englisch. Später einmal erzählte sie uns, dass sie früher Lehrerin war und ihr Mann Arzt. Ihre Kinder haben alle studiert und sie ist sehr stolz auf sie. Wir sind beide beeindruckt. Da wir noch nichts zum Frühstück hatten fragen wir sie, ob es möglich sei, bei ihr etwa zu bekommen. Natürlich ist das möglich. Eine Frau aus einem anderen Bungalow leistet uns Gesellschaft. Sie stammt ursprünglich aus Schottland, lebt aber seit einigen Jahren in Paris und seit sie berentet ist, hat sie es sich zum Hobby gemacht jedes Jahr über die Monate, in denen in Frankreich nicht Sommer ist, in ein Land zu reisen, in dem zumindest die Temperaturen sommerlich sind. So zum Beispiel Laos im Dezember. Wie auch unsere Gastwirtin war auch sie früher einmal Lehrerin und erzählt uns, wie sie im Alter von 19 Jahren ihren Mann bei einem Hilfsprojekt in Afrika kennengelernt hat. Der Beschluss nach Afrika zu gehen war damals in erster Linie eine Rebellion an sich selbst. Zu Afrika hatte sie als 19 jährige Schottin überhaupt keinen Bezug und um ihren tristen, vorgeplanten Leben ein Schippchen zu schlagen, bewarb sie sich kurzer Hand für dieses Hilfsprojekt. Letztendlich wurden aber viele der humanitären Bestrebungen durch den dort vor Ort anherrschenden Bürgerkrieg zunichtegemacht. Sie erzählte uns von mehreren Situationen in ihren Leben in denen sie oder ihr Mann, durch Krieg oder durch Tropenkrankheiten, fast ums Leben gekommen wären. Ihr Mann ist immer noch tätig in diesem Bereich und agiert seit Jahren in Ländern, in denen der Satus einer Frau keinen Wert hat und in denen sie gezwungen wäre sich ganztägig im Hotel aufzuhalten, wenn sie denn bei ihm sein möchte. Darauf hat sie jedoch keine Lust. Allein in Paris rumzuhängen ist ihr auch zu doof und so kommt es, dass wir hier in Laos zusammen auf einer Terrasse sitzen, Kaffee trinken, auf einen idyllischen Fluss mit angrenzenden Bergen und dichten Dschungel schauen und darüber philosophieren wie kaputt diese Welt doch ist. Nach dem Frühstück machten wir uns voller Tatendrang auf dem Weg in die Umgebung. Etwa eine halbe Laufstunde entfernt gibt es eine Höhle und etwa 1 ½ Stunden entfernt kommt angeblich das nächste Dorf. Um die Höhle zu besichtigen müssen wir uns in einem Gästebuch eintragen und einen Wegzoll bezahlen. Im ersten Moment waren wir beide sichtbar irritiert über diese Abgabe. Das Geld kommt angeblich Tourismusprojekten in der Umgebung zu gute. Auch wenn der Stand mit dem Gästebuch sehr improvisiert aussah willigten wir letztendlich ein. Im Grunde gibt es dort nichts, was nicht improvisiert aussieht und selbst wenn es Abzocker sind, so viel Geld ist das auch nicht.
Ausgestattet mit zwei Handyleuchten ging es dann in die Höhle hinein. Professionalität wird immer großgeschrieben. Aus diesem Grund hatte ich natürlich auch kein Stativ dabei. Völlig überbewertet in dunklen Höhlen. Mit großen Schwierigkeiten überhaupt etwas Gripp auf dem glitschigen Boden zu haben, krabbelten wir dann immer tiefer in die Höhle hinein. Jeder leuchtete dem anderen so gut es ging. In der Höhle haben wir dann eine kleine Halle mit einem Fluss und einem Miniaturwasserfall gefunden. Der Versuch das ohne Stativ festzuhalten endete natürlich in Resignation. Zurück im Tageslicht angekommen machten wir uns auf den Weg zum nächsten Dorf. Zwischendurch trafen wir auf einen französischen Mann, der ähnlich wie wir etwas Ziellos durch die Gegend schlenderte. Joelle unterhielt sich mit ihm eine Weile im fließenden Französisch, ich verstand mehr oder weniger nichts davon und war eigentlich auch viel mehr von der Kamera des Mannes abgelenkt. Er trug eine alte, analoge, Hasselblad X-Pan mit sich. Eine Kamera, die insofern speziell ist, da sie nur Bilder im Panoramaformat aufnimmt. Ich hätte mich gern mit ihm mehr über diese Kamera und seine Bilder unterhalten, aber … Hätte ich mal besser aufgepasst in der Schule.
Der Mann beschreibt uns, also mehr Joelle, wie weit es noch zum nächsten kleinen Ort ist. Wir hatten uns kurz zuvor etwas verlaufen und wollten nun einfach sichergehen. Hunger machte sich auch langsam breit. Wir passieren ein paar Holzhütten mit Terrasse. Das müssen die Hütten seien, von denen der Mann sprach. Wir bestellen etwas zu Essen und etwas Tee. Wir richten uns auf eine längere Wartezeit ein und machen es uns in den Hängematten gemütlich. Die Landschaft um uns herum strahlt einfach viel Ruhe aus. Umgeben von Reisfeldern und Rindern, ragen in der Ferne die mit Dschungel bedeckten Berge in den Himmel. Kein Lärm, keine Hektik.
Nach dem Essen geht es weiter Richtung Dorf. Wir durchqueren einen Flusslauf und stoßen bald auf einen kleinen Jungen, der seinen Motorroller nicht mehr gestartet bekommt und aber noch zu klein ist um selber schieben zu können. Ich signalisiere ihm, dass er sich auf den Roller setzten soll und schiebe ihn und den Roller den letzten Kilometer bis ins Dorf. Im Dorf angekommen versucht er den Roller die letzten Meter, bis zum Haus seiner Eltern, alleine zu schieben. Sicherlich eine Sache des Stolzen. Aber er ist einfach noch zu schwach und der Roller bewegt sich keinen Meter. Zumal das Haus auch noch auf einer Anhöhe steht. Gemeinsam schieben wir schieben wir den Roller die letzten Meter. Seine Mutti und seine Geschwister empfangen uns und bedanken sich bei mir. Wir verabschieden uns und laufen weiter ins Dorf. Das Dorf hat etwa die selbe Größe wie Muang Ngoi. Es besteht im Grunde nur aus einer Straße mit Holzhütten links und rechts. Im Gegensatz zu Muang Ngoi gibt es hier jedoch keine Orientierung auf den Tourismus. Die Häuser sind wirklich alles nur Familienhäuser. Es gibt auch keine Anzeichen von Strom oder Internet. So in etwa muss es in Muang Ngoi noch einige Jahre zuvor ausgesehen haben. Wir irren noch ein wenig durch die Gegend, suchen einen Wasserfall, den wir aber nicht finden und machen uns im Anbruch der Dämmerung auf den Heimweg. Etwa zwei Stunden liegen vor uns. Um den Weg etwas zu verkürzen beschließen wir nach dem Wasserlauf über die Felder zu laufen, das würde uns sicherlich eine halbe Stunde sparen. Auf Joelles Handy sind Wege eingezeichnet. Es wird dunkel und wir sehen ein, dass die Wege nicht wirklich existent sind. Das Navi mehr oder weniger als Kompass umfunktioniert stolpern wir unseren Weg nach Hause. Ich schätze mal, dass wir mit der Wanderung über die Felder letztendlich keinen Meter gut gemacht haben. Wenn ein Trampelpfad auf dem Feld erkennbar war, haben wir ihn benutzt. Die meisten Uxo Bombenopfer waren Leute auf Feldern. Also lieber auf wegen bleiben, auf denen vorher schon Leute unterwegs waren. Nach einer weiteren Durchquerung eines Flusses und etwas Kletterei, erreichten wir dann doch irgendwann wieder den Hauptweg zum Dorf. Als wir wieder in Muang Ngoi ankamen zog schon stille in den Straßen ein. Die Bars und „Restaurants“ waren fast alle schon geschlossen. Nur vor dem Second Hand Buchgeschäft, also dem offenen Raum, mit dem einen Bücherregal, war noch Licht und es saßen drei Leute davor, trinkend, lachen und mit Musik. Joelle erkannte einen der drei Leute. Er war der Fremdenführer der beiden Touris und der Betreiber des „Buchladens“. In Luang Prabang hatte Joelle eine Dokumentation über Muang Ngoi gesehen und er war einer der Hauptpersonen in diesem Film. „Banana Pancakes and The Children of Sticky Rice“. Cau wirkte in der Doku immer sehr ernsthaft. Alles Quatsch! Er ist der Teufel in Person und macht sich einen riesigen Spaß daraus Leute mit selbstgemachten Whisky abzufüllen. So mussten auch wir zur Begrüßung erst einmal zwei Gläser zu uns nehmen. Es folgten viele viele weitere Runden. Ab und zu gingen auch einige Bier herum um wenigsten etwas weniger Hochprozentiges zu trinken. Der Hoffnungsschimmer war, als die Flasche nach etwa einer Stunde endlich leer war und wir immer noch aufrecht sitzen konnten. Cau, der zwar weniger getrunken hatte, aber immer noch viel, stand auf, lief zügig und völlig grade zum nächsten Haus und kam mit einer neuen Literflasche Whisky wieder. Der Kampf war verloren. Nach und nach kamen immer mehr Leute an uns vorbei und so ziemlich alle hielten für zwei obligatorische Gläser an und blieben anschließend. Ich denke, dass wir letztendlich locker 15 oder mehr Leute waren. Die meisten letztendlich völlig bekifft und betrunken. Ich war völlig im Arsch. Ohne eine Vorstellung zu haben, wie spät es war, verabschiedete ich mich aus der Gruppe, torkelte in unseren hübschen Bungalow, ließ mir die letzten Stunden noch einmal durch den Kopf gehen und viel einfach nur noch in Bett. Ich habe keinen Überblick wann genau Joelle kam, viel habe ich nicht mehr mitbekommen. Am nächsten Tag sind wir dann erst mittags zum Frühstücken gegangen. In einem kleinen „Restaurant“, nahe unseres Bungalows, bestellte ich Tee, Eierbaguette und einen Banana Pancake. Einige andere Leute, die nachts mit uns auf der Straße saßen, waren auch dort. Wir waren uns alle einig, dass das Eierbaguette das beste im ganzen Dorf ist. Es war riesig! Pläne hatten wir für heute keine und selbst wenn, hätte ich diese verworfen. Nichts tun und etwas entkatern ist ja auch eine Form der Beschäftigung. Mit uns im „Restaurant“ blieb Babou. Babou kommt aus Toulouse und ist ziemlich abgedreht, aber auch ziemlich cool. Sie arbeitet als Masseuse und hat scheinbar unglaublich viel Freude da dran Leute zu berühren. Wir chillen mehrere Stunden auf den liegen im Restaurant. Ich bestelle noch einen weiteren Pancake und werde zwei Mal von Babou massiert. Nicht der schlechteste Start in den Tag. Nach dem Frühstück gehen wir in dem anderen Restaurant direkt zum Mittag und Bier über. Für mich gibt es wieder Kürbis Curry. Abends ziehen wir alle in eine Bar mit Garten und Lagerfeuer um. Es gibt Bier und Cocktails und gutes Essen. Allerdings keine Pancakes. Aber alles nichts, was man nicht noch mitten in der Nacht organisieren kann. Am Lagerfeuer geht die Gitarre die Runde herum. Nahezu jeder kann wenigsten ein zwei Lieder auf ihr spielen. Ich bin ein wenig beeindruckt, da ich keins spielen kann. Joelle zum Glück auch nicht. Oder sie traut sich nicht. Alles, was wir beide nicht zur Unterhaltung beitragen können, wir von Babou hervorragend kompensiert. Neben Gitarre kann sie auch noch hervorragend Querflöte spielen und singen. So endete der Abend in einer überraschend guten Jam. Die nächsten Tage knüpfen nahtlos an den vorherigen an. Tee, Eierbaguette und Banana Pancake zum Frühstück, Bier und gutes Essen zum Mittag, mehr Bier und Musik am Abend. Einen Tag haben wir zu dritt noch eine längere Wanderung in ein anderes Dorf gemacht. Das Dorf war ähnlich in der Zeit stehen geblieben, wie das erste Dorf, dass wir besucht haben. Holzhütten, freilaufende Hühner, Hunde und Katzen, die in der Sonne liegen und schlafen. Alles, nur keine Hektik. Einer der Bewohner bietet uns an, dass er uns kostenlos auf seinen Trecker wieder mit zurück nach Muang Ngoi nehmen könnte. Da wir etwa zwei Stunden gelaufen sind, war das Angebot natürlich mehr als verlocken. Ein bisschen skeptisch waren wir jedoch über die Aussagen, dass es „free“ ist, aber man muss ja nicht immer den Teufel an die Wand malen. Unser Weg zurück führte uns viel durch Flüsse hindurch. Der Fahrer war auf der Suche nach bestimmten Gräsern, die er zum Kochen brauchte. Später haben wir dann noch weitere Leute auf dem Weg nach Muang Ngoi aufgesammelt. Als wir im Dorf ankommen dreht sich der Fahrer zu uns um und möchte umgerechnet 10€ von uns haben. Wir lächeln ihn an, diskutieren und verhandeln kurz, geben ihm etwas Kleingeld und verabschieden uns. Abends geht es dann wieder mit Bier ans Lagerfeuer. Der nächste Tag beginnt wieder mit Tee, Eierbaguette und Banana Pancake. Später gibt es hundert Meter weiter wieder Mittag und Bier und Lao-Lao Whisky. Die Tage sind übersichtlich in Muang Ngoi. Ein Typ aus Schweden bringt uns Kartentricks bei und als in der Nachmittagszeit grad keine anderen Gäste vor Ort waren, funktionieren wir die Terrasse zur Tanzfläche um. Abends geht es wieder ans Lagerfeuer mit Musik. Inzwischen sind wir die, die am längsten in Muang Ngoi sind. Ein komisches Gefühl.
Der nächste Tag startet mit Tee, Eierbaguette und diesmal Banana Pancake mit Schokosoße. Zu viel Routine macht das Leben langweilig. Für Joelle ist es heute schon das zweite Frühstück. Morgens hatte sie sich mit einem Kumpel getroffen um auf dem Morgenmarkt zusammen mit den Dorfbewohnern zu frühstücken. Ich war irgendwie noch zu müde zum Essen.
Nach dem Frühstück saß ich bei uns auf der Terrasse und fing an Bilder zu bearbeiten und die letzte Grand Tour Folge zu gucken. Mit wilden Pixelfehlern machte mir mein Rechner da jedoch einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Zehn Wochen alt, steigt der Rechner irgendwo im laotischen Dschungel mit einem Motherboardschaden aus. Super, genau das was man von einem Gerät erwartet, das 1000 Euro kostet! Kauft kein Lenovo! Frustriert gehe ich zu den anderen ins „Restaurant“ und gehe zum Biertrinken über. Um den Tag wenigstens noch ein Bisschen Sinn zu verleihen gehen wir später in einer kleinen Gruppe noch auf den nächst liegenden Berg. Ein kleiner Junge begleitet uns und führt uns den Berg hinauf. Auf dem Weg passieren wir noch einige kleine Höhlen, für die uns der Junge auch mit Taschenlampen ausstattet. Babou ist völlig verliebt in ihn und kaspert die ganze Zeit mit ihm herum. Abends zeigt uns ein Dorfbewohner dann noch ein großes Boulespielfeld hinter dem größeren, der beiden Kloster. Das Spielfeld ist überdacht und wird nachts mit Licht ausgeleuchtet. Es gibt einen Getränkekühlschrank voll mit Bier und eine Musikanlage. Wir sind ein wenig beeindruckt. In zwei Teams spielen wir mehrere Runden. Der Verlierer muss die während des Spiels getrunkenen Biere zahlen. Nach und nach trudelt die lokale Jungend ein und zeigt uns, dass wir eigentlich überhaupt keinen Plan vom Boulespielen haben. Jeder Wurf bei ihnen sitzt perfekt. Keiner von uns traut sich ein Spiel gegen sie anzufangen. Die Nacht am Lagerfeuer und Musik wird diesmal kürzer. Morgen beschließen wir abzureisen. Aus meinen geplanten zwei Tagen ist inzwischen eine knappe Woche geworden. Ein bisschen besorgt muss ich an meine kleine Shadow denken, die hoffentlich noch im Innenhof des Guesthouses geparkt steht. Am letzten morgen bin ich von uns beiden derjenige, der es morgens früher aus dem Bett schafft. Wir wollen das erste Boot zurück nach Nong Khiaw nehmen, Zeit für Tee, Eierbaguette und Banana Pancake wäre da leider keine. Schade eigentlich. Die Straße ist voll mit Dorfbewohnern. Es herrscht ein reger Handel mit allen möglichen Gütern. Die Restaurantbetreiber kaufen ihre Zutaten ein. Auch die Betreiberin von dem leckeren Eierbaguette Restaurant deckt sich gerade ein. Wir Grüßen uns freundlich zu. Das Frühstück der einheimischen ist Nudelsuppe mit Fisch und vielen anderen Dingen, die ich nicht zuordnen kann. Ich esse zwei große Schalen und quatsche mit einem Kumpel. Eine ziemlich verpennte Joelle leistet uns irgendwann Gesellschaft. Ich lasse die beiden irgendwann noch ein wenig quatschend zurück und gehen meinen Rucksack packen und den Bungalow bezahlen. 25 Euro für fünf Tage, von denen ich die Hälfte noch wiederbekomme. Am liebsten hätte ich sofort wieder ausgepackt und einen Mietvertrag abgeschlossen. Wir verabschieden uns von unserer Gastherrin und versprechen ihr irgendwann wieder zu kommen. Am Bootssteg Sammeln sich nahezu alle derzeitig im Dorf befindlichen Touristen. Heute ist große Aufbruchsstimmung. Babou ist den Tränen nahe. Der kleine Junge, der uns gestern noch hoch auf den Berg geführt hatte, schenkte ihr heute Morgen noch eine Blume. Auch heißt es, dass sich unserer aller Wege erstmal wieder trennen werden. Babou und Joelle fahren weiter Richtung Süden, zum Partydorf Vang Vieng. Meine Richtung ist allerdings gen Norden. Vor ein paar Tagen hatte mich mein bester Kumpel angeschrieben und mir erzählt, dass er noch ne Woche Urlaub hat, die er vor Jahresende nehmen muss und er würde mich besuchen kommen wollen. Die Überlegung war jetzt, welches Land Sinn machen würde. Zeitlich hatte ich geplant zu diesem Zeitraum nahe Kambodscha zu sein, jedoch wäre das preislich für ihn völliger Unsinn. Der günstigste Flug, der einen Trip für nur eine Woche auch nur Ansatzweise rechtfertigen würde, wäre nach Bangkok. Würde ich mit dem Moped noch bis nach Südlaos fahren um von dort aus nach Thailand einzureisen um nach Bangkok zu fahren, müsste ich etwa jeden Tag 200 Kilometer fahren. Das heißt jeden Tag etwa zehn Stunden auf der Shadow. So gern ich den Süden von Laos noch gesehen hätte, das machte jetzt keinen Sinn. Mein Weg führt nach Norden und von dort aus nach Thailand. Wir quetschen uns alle in das Heck eines Bootes. Viel gesprochen wird nicht. Wieder angekommen in Nong Khiaw heißt es Abschied nehmen. Nach einer Woche ständiger Umgebung von Joelle und Babou war es komisch die beiden nun zu verabschieden und wieder allein los zu ziehen. Im Guesthouse stand die Shadow immer noch dort wo ich sie geparkt habe. Etwas schmutziger ist sie geworden. Der Gastwirt erzählt mir, dass er mehrere Anfragen bekommen hat, ob sie zu verkaufen sei. Um ihn finanziell etwas für die lange Warterei zu entschädigen bestelle ich mir noch ein weiteres großes Frühstück bei ihm. Es gibt Kaffee und einen Banana Pancake.